Die drei Phasen einer kindgerechten Justiz: Vor, während und nach einem Verfahren

Di., 06.12.2016 - 20:15

Kinder und Jugendliche, die mit dem Rechtssystem in Berührung kommen, befinden sich meistens in belastenden Situationen. Um diese jungen Menschen zu schützen, ist ein kindgerechtes Rechtssystem unerlässlich. Ein solches baut auf folgenden Pfeilern auf:

  • Partizipation

  • Übergeordnetes Kindesinteresse

  • Würde

  • Schutz vor Diskriminierung

  • Rechtsstaatlichkeit

Kinderanwaltschaft Schweiz setzt sich für diese Rechte ein. Bis im Jahr 2020 sollen alle Kinder in der Schweiz auf der Basis der Leitlinien für eine kindgerechte Justiz des Europarates ein kindgerechtes Rechtssystem erfahren.

Auf was muss vor, während und nach dem Verfahren geachtet werden?

Die Leitlinien des Europarates statuieren drei Phasen einer kindgerechten Justiz, nämlich jene vor, während und nach einem Verfahren:   
  Vor dem Verfahren – Kinder und Jugendliche müssen altersgerecht und umfassend über den Gegenstand und die Bedeutung des Verfahrens informiert und beraten werden.

Während des Verfahrens – Kindern und Jugendlichen muss das Recht auf Gehör und Meinungsäusserung sowie das Recht auf eine Rechtsvertretung gewährt werden. Das Recht auf Meinungsäusserung ist ein wichtiges Partizipations-Recht, welches zwar zunehmend Anwendung findet, jedoch noch meist in ungenügendem Masse und nicht in der korrekten Form. Über die Voraussetzungen einer wirkungsvollen Partizipation haben wir gebloggt.

Während des Verfahrens gilt es überdies, jede Verzögerung zu vermeiden und den Ablauf zu jedem Zeitpunkt kindgerecht und in einer kindgerechten Sprache zu gestalten. Kinder und Jugendliche sind stets über den Inhalt und die Bedeutung der einzelnen Verfahrensaspekte informiert zu halten.

Nach dem Verfahren – Kinder und Jugendliche müssen kindgerecht über den Entscheid und dessen Tragweite informiert werden. Insbesondere dann, wenn dem Kindeswillen aufgrund des übergeordneten Kindesinteresses nicht entsprochen werden kann, muss für das Kind nachvollziehbar sein, weshalb anders entschieden wurde. Weiter ist es von elementarer Bedeutung, dass der Entscheid sodann kindgerecht umgesetzt wird.

Durch die Berücksichtigung der genannten Kinder- und Verfahrensrechte in allen drei Phasen wird gewährleistet, dass Kinder und Jugendliche an Verfahren, welche ihr Leben betreffen, partizipieren können und dem Geschehen nicht ohnmächtig gegenüber stehen. Das Erfahren von echter Partizipation und Selbstwirksamkeit stärkt Kinder und Jugendliche in ihrer Resilienz.